Sind wir gerade Zeugen bei der Vorbereitung einer False-Flag-Giftgasattacke in Syrien und damit einer Eskalation in Richtung US-Krieg gegen Syrien (sowie Russland und Iran)? Was sonst soll man von dem außenpolitischen Pas de deux halten, das in den letzten zwei Tagen vom Weißen Haus choreographiert wurde?
Zunächst verkündete der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, ohne Beweise und weitere Erklärungen, dass die USA „potenzielle Vorbereitungen“ für eine Giftgasattacke durch Präsident Assad ausgemacht hätten. Die Vorbereitungen würden denen ähneln, die vor dem Giftgasanschlag vom 4. April getroffen wurden (siehe dazu die Leseempfehlung unten). Und als sei es bereits geschehen: „Wieder führt Mr. Assad einen massenmörderischen Angriff mit chemischen Waffen, für den er und sein Militär einen hohen Preis bezahlen werden.“
Bald darauf ergänzte Trumps Chefdiplomatin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, Spicers Äußerung mit folgendem Tweet:
Zu Deutsch: „Für jeden weiteren Angriff auf das syrische Volk wird Assad die Schuld gegeben, aber auch Russland und Iran, die ihn dabei unterstützen, sein eigenes Volk umzubringen.“
Wer auch immer Assad stürzen möchte, ist damit herzlich eingeladen, einen Giftgasanschlag durchzuführen, denn – seid versichert! – es wird Assads Verbrechen sein, unter Mittäterschaft von Russland und Iran. Haleys Aussage kann geradewegs als Aufforderung verstanden werden, einen Massenmord zu begehen (und wir wissen, dass der Islamische Staat über chemische Waffen verfügt!), der, mit einem vorfabrizierten Blanko-Wahrheitssiegel von Frau Haley versehen, einmal mehr Assad in die Schuhe geschoben wird. So bereiten Amerikaner Kriege vor. Haleys vogelwildes Statement, das Iran und Russland gleich mitbedroht, lässt nun endgültig an Trumps geistiger Gesundheit zweifeln und Schlimmstes befürchten.
Der investigative Journalist Seymour Hersh hat gerade einen lesenswerten Artikel über den Giftgasanschlag vom 4. April in Khan Sheikhoun in Springers WELT (!) veröffentlicht, der kostenlos nur auf Englisch zu lesen ist. Demnach wurde eine Jihadisten-Kommandozentrale, die schon länger im Visier der Russen stand, konventionell bombardiert. Die USA wurden vorher gemäß Übereinkommen informiert. Bei der Bombardierung kam es womöglich durch im Parterre eingelagerte chlorhaltige Desinfektionsmittel zu einem Giftgasaustritt. Außerdem sagen Hershs hochrangige Quellen, allesamt von der WELT durch Gespräche mit ihnen gegengecheckt und für glaubhaft befunden, dass Geheimdienst und Sicherheitsberater Trump eindringlich vor einem Gegenschlag gewarnt haben, da überhaupt nichts dafür spräche, dass Assad dafür verantwortlich sei, ja, dass es nicht einmal einen Beweis gäbe, dass, wie behauptet, Sarin im Spiel war. Offenbar war Trump angesichts von getöteten „beautiful babies“ nicht von einem Gegenschlag abzubringen.
Der Artikel gibt einen guten Einblick in Entscheidungsprozesse im Weißen Haus, die Einschätzungen der Trump-Mitarbeiter sowie dessen aberwitzige Beratungsresistenz.
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