Der Polsprung

Auf den Tag genau 100 Jahre nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den 1. Weltkrieg befahl der US-Commander-in-Chief Donald Trump einen Angriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt Shayrat mittels 59 Tomahawk Marschflugkörpern (im Wert von mehr als $ 88 Millionen) und sorgte damit für einen Polsprung. Jeder Erdbewohner mit einer Meinung über Donald Trump musste seinen politischen Kompass neu kalibrieren.

Nord ist jetzt Süd, böse ist jetzt gut. Der atlantische Chefbellizist der ZEIT, der vor einigen Wochen zur Lösung des „Trump-Problems“ im Presseclub noch „Schüsse im Weißen Haus“ empfahl, wertet den Luftangriff als umsichtig. (Nachdenklicher hingegen sein altehrwürdiger Kollege Theo Sommer). Die SPD zeigt Verständnis, nachdem ihr Vorsitzender den Präsidenten kürzlich noch als Katastrophe für die ganze Welt und als niederträchtig bezeichnete. US-Medien, die sich einen Wettbewerb um die umfangreichsten Listen mit Trumps Lügen lieferten und ihn, den Präsidenten, als Fall für den Psychiater einstuften, sind nun ganz bei ihm und loben ihn dafür, dass er den Tod von „beautiful babies“ mit „beautiful weapons“ rächt.

 

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Die Angeschmierten dieser Umpolung sind die Wähler, die ihre Stimme Trump gaben, „to keep Clinton out of office“, die (auch rechten) Anti-Interventionalisten und jene, die Sanders gewählt hätten, wäre dieser nicht von Clinton und ihren Verbündeten durch Betrug um die Kandidatur gebracht worden. In den Augen dieser Leute und der sie unterstützenden alternativen Medien hat Trump die rote Linie überschritten. Blankes Entsetzen auch in der nationalistischen alt-right-Szene rund um Alex Jones, auf dessen Radiowellen Trump geradewegs ins Weiße Haus gesurft ist. Jones’ langjähriger Partner Paul Joseph Watson stieg aus dem Trump-Zug aus.

Von „Idiot“ über „Naivling, der sich mit Neocons umgibt“ bis zu Erklärungen, dass Trump seine Distanz zu Russland beweisen musste und damit einen 3. Weltkrieg riskiert, ist bei den Alternativen alles zu finden. Alte Tweets von 2013, in denen er Obama auf die Gefahr und Sinnlosigkeit eines Angriffs auf Syrien hinwies, fliegen ihm auf Twitter gerade um die Ohren. Eine Hörerin bei Alex Jones glaubt, der Satan persönlich sei in den Präsidenten gefahren und betet ein ganzes „Vater unser“ durchs Telefon. Dass Jones, der im Wahlkampf eine größere Reichweite vorweisen konnte als CNN, inzwischen zurückgerudert ist, in dem er auf die großen Trump-Erfolge (sic!) in der Innenpolitik verweist und den Tomahawk-Angriff mit fragwürdigen rhetorischen Pirouetten herunterspielt, ändert nichts daran, dass dem Präsidenten gerade ein wichtiger Teil seiner Wählerschaft wegbricht.

 

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Trump hat die Wahl unter anderem gewonnen, weil er den kriegsmüden Bürgern das Ende der Regime Changes und der aggressiven Politik der USA versprach. Mit dem Syrien-Schlag, der „Vergeltung“ eines nicht untersuchten Giftgasangriffs, aber auch mit dem undurchsichtigen und völlig unnötigen Säbelgerassle in Richtung Nordkorea, erweist sich Trump einmal mehr als Lügner und Betrüger. Sein Wortbruch wird vom Mainstream gefeiert. Es zeigt sich auch, dass es völlig egal ist, wer im Oval Office sitzt – der in aller Munde geführte „deep state“, dieser Zusammenschluss aus Geheimdienstdiensten und dem militärisch-industriellen Komplex, bestimmt ganz offensichtlich, wo es lang geht in den USA.

Mit 59 Cruise Missiles hat sich Donald Trump die Sympathien der westlichen Polit-und Medieneliten herbeigebombt. Endlich ist er im Präsidentenamt angekommen.

 

Update zum Giftgasangriff

Trump, „the biggest liar in US political history“ mit durchschnittlich einer Lüge alle drei Minuten hat plötzlich recht?

Selten zuvor waren sich Experten so schnell so einig, dass der Giftgasvorfall vom 4. April eine false-flag-Aktion war. Der MIT-Wissenschaftler Postol, der bereits das Gutachten über den Giftgasbeschuss von Ghouta erstellte, stellt nach Sichtung des Kurzberichts der Geheimdienste fest, dass keine Bomben für den Austritt des Gases verantwortlich sein konnten. Der Mainzer Professor Günter Meyer listet in einem Artikel noch einmal alle Gründe auf, die für die Täterschaft der al-Nusra sprechen. Auch die Veteran Intelligence Professionals for Sanity und andere ehemalige Geheimdienstler und Whistleblower sehen keinen Anhaltspunkt geschweige denn ein Motiv Assads, seine Bevölkerung mit Giftgas umzubringen; ebenso der mehrfache US-Präsidentschaftskandidat Ron Paul und der ehemalige UN-Chemiewaffeninspekteur Sott Ritter.

 

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