Ketzer Ken

Sollte sich Rainer Mausfeld für seinen Vortrag „Die Angst der Machteliten vor dem Volk“ ein Beispiel backen wollen, das alle Ingredienzien enthält, um seine „Techniken der kognitiven Mentalvergiftung“ zu illustrieren, kann er sich die Mühe sparen und auf ein Fertigprodukt zurückgreifen: „Das Böse ist immer und überall“, ein Artikel über Ken Jebsens Portal KenFM, Teil vier von sieben Beiträgen über „Die Medien der Neuen Rechten“, verfasst von Camilla Kohrs und veröffentlicht auf der Website des „gemeinnützigen Recherchezentrums“ CORRECT!V.

CORRECT!V

CORRECT!V wurde 2014 gegründet und erfuhr größere öffentliche Aufmerksamkeit vor allem durch eine umstrittene Recherche zum Abschuss der Boeing MH17 über der Ukraine, durch einen fehlerhaften Bericht über die Hygiene in deutschen Krankenhäusern sowie einen E-Letter des inhaltlichen Geschäftsführers und Publishers David Schraven, der am Morgen des 9. November 2016 im Wege einer adnotatio praecox Clinton zur Wahlsiegerin und Trump zum schlechten Verlierer ausrief. Letzteres zweifellos eine der apartesten fake news, die der Spätherbst zu bieten hatte.

Nun könnte man getrost CORRECT!V am Wegesrand liegen lassen, wenn diese Gesellschaft – durch Spenden der Bundeszentrale für politische Bildung und 8 (in Worten: acht) Preisen mit höchsten Weihen geadelt – nicht das Gremium wäre, das künftig auf Facebook fake news identifizieren (in anderen Worten: zensieren) soll. Es wird also noch viel über CORRECT!V zu sprechen sein, auch über die Verbindungen zum Blog Ruhrbarone, dessen Mitbegründer Schraven ist, und wiederum die mutmaßlichen Drähte dieses Blogs zum anonymen Internetpranger Psiram.

„Das Böse ist immer und überall“

Doch nun zum Artikel selbst. Der Fokus soll hier nicht auf die vielen Fehler und Unwahrheiten des Textes – z.B. über Jebsens Ansichten zu 9/11, die er „lang und breit“ (13:47 Min.) darbietet – gerichtet werden, nicht auf die bei Psiram wörtlich abgeschriebenen Passagen, nicht auf die durchgängige sinnentstellende Dekontextualisierung, und nicht auf die wenig erhellenden und unangebrachten ad-personam-Angriffe. Vielmehr gilt es aufzuzeigen, wie eine Journalistin es anstellt, ein Medium in die rechte Ecke zu bugsieren, ohne das Bedürfnis zu entwickeln, die Gründe hierfür darzulegen.

„Ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat“ – mit diesem E-Mail-Zitat von 2011 muss zwangsläufig jeder kritische Text über Jebsen beginnen. Zweierlei sollen wir gleich merken: der Mann kann nicht schreiben, und – wenn man nicht genau hinguckt – behauptet er, der Holocaust sei eine PR-Erfindung. Auf eine saubere Darstellung dieser „Jebsen-Affäre“ und den Rückgriff auf das Zitat von Edward Bernays sei hierhin verwiesen. Der Hautgout von Antisemitsmus und Holocaust-Leugnung soll – obwohl erwiesenermaßen völlig abwegig – gewollt über dem Artikel hängen bleiben.

„Hauptsache dagegen“

„Jebsens oberstes Motto scheint zu sein: Hauptsache dagegen. Gegen die USA, gegen Israel, gegen den gesellschaftlichen Mainstream.“ Die Schlamperei, nicht zwischen den Staaten und deren jeweiliger Führung zu unterscheiden, mal beiseite. Beiseite auch die Binse, dass Jebsen  gegen gesellschaftlichen Mainstream arbeitet, denn dies macht ihn ja gerade aus. Was gesellschaftlicher Mainstream ist, wird nicht näher definiert. Tagesschau gucken? Merkel wählen? US-Kriege toll finden? Was Frau Kohrs eigentlich kritisiert ist: systemkritisches Denken. Kritik an der Politik der USA und Israels sowie am gesellschaftlichen Mainstream ist im übrigen nicht neu-rechts, sondern alt-links.

 „Zahlreiche Verschwörungstheorien“

Jebsens angebliche Aussage, dass die Amerikaner selbst hinter 9/11 stecken, war beim Nachhören der verlinkten Quellen nicht zu verifizieren. Sehr wohl aber, dass die offizielle Version angezweifelt wird, dies aber frei von Tätertheorien. Eine manipulierte (oder meint sie manipulierende?) Presse, ein nicht souverän agierender deutscher Staat, die Tatsache, dass Putin zum Feindbild geworden ist, weil er den Ausverkauf russischer Ressourcen an die USA gestoppt hat sowie die bewusste Vorbereitung eines dritten Weltkriegs – alles streitbare Thesen; bei Frau Kohrs heißen sie Verschwörungstheorien.

„Die üblichen Verdächtigen“

„Jebsens Gesprächspartner in den oft mehrstündigen Interview-Sendungen: Verschwörungstheoretiker, neurechte Denker und all jene, die sich gegen den ‚Mainstream’ stellen.“ Drei Beispiele hat Frau Kohrs parat: Willy Wimmer, CDU, der wegen seiner ablehnenden Haltung zum völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg zum Polit-Paria gemacht wurde, Udo Ulfkotte, der kürzlich verstorbene –konservativ-islamkritische – ehemalige FAZ-Journalist und Gerhard Wisnewski, der aus Prinzip nicht mehr glaubt, was er hört und liest. Diesen drei Figuren steht unter diesem Beitrag eine Auswahl von 48 linken, linksliberalen und gänzlich unverdächtigen KenFM-Gästen gegenüber, die Frau Kohrs womöglich übersehen hat.

Mentalvergiftung

Im gesamten Text ist nicht ein einziges Kriterium aufgeführt, das man unter politisch rechts subsumieren könnte. Selbst bei Wisnewski, dem man tatsächlich eine Schlagseite zur Rechten attestieren kann, erwähnt Kohrs lediglich, dass er die RAF-Attentate mit dem BND in Verbindung bringt. Hinzu kommt, dass sie (fairerweise) Jebsens ausdrückliche Distanz zur AfD und zu jeder Art von Ausländerfeindlichkeit betont. Was also hat dieser Artikel in einer Reihe über neu-rechte Medien zu suchen?

Wer Ken Jebsen auf KenFM verfolgt, lernt ihn als einen dezidiert antimilitaristischen Friedensaktivisten kennen, als engagierten Kämpfer gegen Neoliberalismus, US-Imperialismus und die Exzesse der Finanzkartelle. Damit wird klar, wo die Wächter der gewünschten Narrative die Pflöcke für das gedankliche Sperrgebiet (Mausfeld), für die politische No-Go-Area eingeschlagen haben. Man denkt nicht daran, sich argumentativ auseinanderzusetzen, sondern packt zwei Keulen aus – Verschwörungstheorie und Neue Rechte -, um den „Gegner“ zu diffamieren und zur persona non grata zu erklären. Themen, die nicht diskutiert werden sollen, werden mit gesellschaftlich geächteten, negativ konnotierten Begriffen kontaminiert und verklammert, obwohl sie inhaltlich nichts miteinander zu schaffen haben. Weder ist die Skepsis an der offiziellen 9/11-Version zwangsläufig rechts (sie richtet sich gerade gegen die ultrarechten Neocons), noch ist es die Interpretation der seit Jahren laufenden westlichen Anti-Putin-Kampagne und des massiven Aufmarschs von Nato-Truppen an der russischen Grenze als Vorbereitung für einen 3. Weltkrieg.

Dass CORRECT!V einen derart diffamierenden, unlauteren und keinerlei intellektuellen und journalistischen Standards genügenden Artikel publiziert, fördert zwei erschreckende Erkenntnisse zutage: Zum einen wird klar, dass die von Rainer Mausfeld beschriebene Mentalvergiftung so weit vorangeschritten ist, dass Journalisten sie bereits als im kollektiven Unbewussten der Gesellschaft verankert wähnen und sich gar nicht mehr die Mühe machen müssen, das Abstecken eines Sperrgebiets zu rechtfertigen. Es ist kaum vorstellbar, wie sich jemals wieder ein gesundes Debattenklima herstellen lässt. Zum zweiten vermittelt uns der Artikel eine Vorahnung dessen, was die häretischen Medien mit CORRECT!V als künftige „Wahrheitsinstanz“ erwartet. Es kann einem angst und bange werden.

Anmerkung

Nicht beim Kopp-Verlag, sondern bei KenFM geben sich folgende Marxisten, Sozialisten, Mitglieder der Linkspartei und bekannt Linke die Klinke in die Hand (Auswahl):

Moshe Zuckermann, Pedram Shayar, Florian Kirner, Rainer Mausfeld, Jean Ziegler, Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam, Mathias Bröckers, Hermann Ploppa, Hannes Hofbauer, Ulrich Teusch, Reiner Braun, Wolfgang Gehrcke, Jochen Scholz, Rainer Rupp, Fulvio Grimaldi, Ulrich Gellermann, Wolfgang Bittner, Andreas Maurer, Evelyn Hecht-Galinski, Karin Leukefeld, Giorgos Chondros, Dieter Dehm, Bernd Trautvetter, Dirk Pohlmann, Frieder Wagner, Werner Rügemer, Gaby Weber, Diane Johnstone, Ivan Ivanji

Weiter Linksliberale, Konservative und einer rechten Gesinnung Unverdächtige wie Asfa-Wossen Asserate, Rita Süßmuth, Wolfgang Herles, Dirk Koch, Stefan Schulz, Norbert Häring, Eugen Drewermann, Rolf Hochhuth, Dirk C. Fleck, Dieter Hallervorden, Nico Paech, Paul Schreyer, Eva Schweitzer, Hubert Seipel, Ola Tunander, Markus Fiedler, Tim Anderson

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Schriftliche Ausarbeitung von Rainer Mausfelds Vortrag „Die Angst der Machteliten vor dem Volk“

4 Antworten to “Ketzer Ken”

  1. Marilyn sagt:

    Pique Dame spricht mir mit diesem Beitrag aus der Seele : den haltlosen Anschuldigungen von CORRECT!V
    gegen Ken Jebsen muß mit klaren Argumenten entgegengetreten werden, vielen Dank!

  2. ALBO sagt:

    Noch etwas zu Correctiv (ich bestehe auf meiner Schreibweise).
    Correctiv ist Fleisch aus dem Fleische WAZ-Konzern, heute Funke Medien Gruppe.
    Hauptsponsor von Correctiv ist mit Abstand die Brost Stiftung. Familie Brost war einer der zwei Teilhaber des WAZ-Konzern, hat ihren Anteil an den Anteilseigener Funke verkauft. Nicht zu übersehen ist im Gesamtzusammenhang das „alte Schlachtross“ Bodo Hombach. Dieser war Geschäftsführer bei der WAZ und zu Zeiten des völkerrechtswidrigen Jugoslawienkriegs Kanzleramtschef bei dem zwischenzeitlich geständigen Kriegsverbrecher Schröder. Sicherlich war er auch zumindest kein Gegner der Steuerbefreiung von Verkäufen wesentlicher Beteiligungen, die ja von diesen Freunden der Arbeitnehmerschaft eingeführt wurde, worunter solche Verkäufe wie hier vorkommend, seitdem fallen.
    Weitere ehrenwerte Correctiv Sponsoren: die Soros Stifung, aber auch, und da meine ich, muss man sich schon ein paar Gedanken machen, die GLS Bank aus Bochumn, die Bank für die Guten. Diese Bank ist nicht zum erstenmal gemeinsam mit der Brost Stiftung als Sponsor unterwegs.
    Es ist nicht zu übersehen, dass Correctiv eine Kreation aus der Medienlandschaft ist, die sich nun aufschwingen soll, Fake News bei Konkurrenten ihrer Schöpfer festzustellen und möglichst löschen zu lassen.
    Ein Wahnsinnscoup.

  3. Meichelbock Veronika sagt:

    Vielen Dank für diesen deutlichen und erhellenden Artikel. Selbst nicht hoch gebildete Menschen wie mich, ist klar, dass hier eine große Sache läuft. Hauptsächlich von Medien ( ÖRR) oder solche wie Correktiv.Mein Bauchgefühl trügt nicht. Ich lese momentan Patrick Baab und erkennen die falsche und einseitige Berichterstattung im ÖRR.
    herzliche Grüße

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