Seit’ an Seit’ mit Trump und Islamischem Staat

Seit einiger Zeit ist Tilo Jung bei der Bundespressekonferenz (BPK) akkreditiert und veröffentlicht lobenswerterweise nicht nur Videoclips dieser Veranstaltungen, sondern sorgt dortselbst auch mit an den gängigen Narrativen (leicht) kratzenden Fragen und einer erfrischenden Beharrlichkeit für wechselnde rot-leuchtende Landkarten auf Steffen Seiberts Wangen. Leider war die BPK vom 7. April 2017, die den US-Luftangriff auf Syrien behandelte, keine Sternstunde für Tilo und Kollegen, noch weniger freilich für den Regierungssprecher und den zuständigen Herrn vom Auswärtigen Amt, Sebastian Fischer.

Dabei lag genug (Spreng-)Stoff in der Luft, um das Berliner Pressehaus zum Beben zu bringen. Ein Luftangriff, der ohne UN- und Kongress-Mitwirkung gegen amerikanisches und Völkerrecht verstößt sowie eine dürftige Beweis- und vollkommen unhinterfragte Motivlage; dazu Merkel und Hollande mit ihrer zweifelsfreien Zuweisung jeglicher Verantwortung an Assad, Außenminister Gabriel, der den Angriff für „nachvollziehbar“ hält sowie der Schulterschluss der EU mit dem vorher noch als unzurechnungsfähig eingestuften US-Präsidenten.

AA-Sprecher Fischer erklärt, „wir kennen noch nicht alle Informationen“, aber es liege ein Völkerrechtsbruch Assads vor, der den Angriff gerechtfertigt hätte, im Übrigen unterstütze man eine rasche Untersuchung des Vorfalls. Tilo Jung, der auf die merkwürdige Reihenfolge – erst Angriff, dann Untersuchung – hinweist, lässt sich mit der Aussage abspeisen, die Informationen seien plausibel. „Was wir glauben, soll nun noch von anderer Seite bestätigt werden.“ Auf die Feststellung der Vereinten Nationen angesprochen, Assad hätte doch all sein Gift vernichten lassen, unterstellt Fischer kurzerhand, das sei eben nicht geschehen.

Die Bundesregierung sieht bereits beim Ghouta-Angriff 2013 eine eindeutige Täterschaft Assads. Mit größter Wahrscheinlichkeit trifft dies nicht zu, wie Seymour Hersh in seinem Artikel „The Red Line and the Rat Line“, das höchst renommierte Massachussetts Institute of Technology (MIT) in einem Gutachten und türkische investigative Journalisten sehr schlüssig dargelegt haben. Dass die IS-Al-Nusra-Todesschwadronen in Syrien, vom Mainstream liebevoll Rebellen genannt, über Chemiewaffen verfügen, ist indes zweifelsfrei erwiesen. Mehr als 52 Angriffe von dieser Seite sind bekannt, so verlautbart von UN und New York Times. Wie Hersh, Michael Lüders und andere zu berichten wissen, verzichtete Obama seinerzeit auf einen Angriff, da er von Geheimdienstseite und Pentagon auf die löchrige Beweislage hingewiesen wurde.

Fischer hingegen kennt Lüders’ Äußerungen nicht und weiß auch von keinen Giftgasangriffen der „Rebellen“. Er beruft sich auf die Resolution des UN-Sicherheitsrats 2118 (2013), wonach bei erneuten Giftgaseinsätzen Gewalt angewendet werden dürfe und versucht auf diese Weise, den US-Angriff ins Völkerrecht einzubetten. Höchst fraglich erscheint diese „Legitimation“ jedoch, solange die Urheberschaft nicht einwandfrei geklärt ist.

Baschar al-Assad erfuhr einige Tage vor dem Giftgas-Vorfall vom 4. April 2017, dass die Trump-Administration vom Vorhaben des Regime-Change abgerückt ist. Seine Erfolge bei der Terror-Bekämpfung waren unübersehbar, eine neuerliche Friedenskonferenz stand an. Diese Fakten sind offenbar nicht dazu angetan, die müde Journalistentruppe in der BPK aufzuwecken. Keine Nachfrage, welche (perversen) Motive nach Meinung der Bundesregierung Assad zu diesem Giftgas-Bombardement getrieben haben könnten. Und warum die russische Erklärung des Vorfalls, dass ein Al-Nusra-Waffenlager getroffen worden ist und von dort Giftgas ausgetreten ist, sofort verworfen wird. Und ob der Regierung eigentlich klar ist, dass der US-Angriff nur einer Partei wirklich dient, nämlich dem Islamischen Staat.

Ist es nicht beschämend, dass man einen Herrn Gabriel und eine Frau Merkel tatsächlich noch mal an die Brutkastenlüge von Bush Vater und an die infame Behautpung von Bush Sohn erinnern muss, man habe Beweise, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze? Will man nicht verstehen, dass die US-Administrationen lügen, wie und wo sie es brauchen, um ihre geostrategische Agenda durchzusetzen und ihren militärisch-industriellen Komplex am Leben zu erhalten? Wäre nicht allmählich Skepsis das Gebot der Stunde? Und ist es nicht todtraurig, dass die Medien nicht endlich in die Puschen kommen und handfeste Beweise verlangen, bevor sie mit der kritiklosen Verbreitung des amtlichen Narrativs unsere Intelligenz beleidigen?

Fool us once shame on you. Fool us twice, shame on us!

Seymour Hersh im Interview zum Ghouta-Giftgasangriff 2013

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