Sie will, nein, sie muss noch mal, sie kann nicht aufhören. Aller guten Dinge sind vier, glaubt sie. Hat sie ein Scheitern mitbedacht? Wohl kaum, denn entgegen einem weitverbreiteten Gerücht denkt sie die Dinge nie von hinten her. Sie entscheidet – und guckt, was passiert. Sie fährt auf Sicht – und reagiert alternativlos.
Schröders Agenda, die wie Mehltau über unserer Gesellschaft liegt, hat sie brav gehegt und gepflegt. Und sonst so?
Ihr politisches Meisterstück ist der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg. Cum laude, weil sie mit ihrer Post-Fukushima-Entscheidung auch noch den Begriff Energiewende usurpiert hat, obwohl dieser gerechterweise einzig und allein dem rot-grünen Projekt zuzuordnen ist. Zu ihrer Energiewende gehört, dass wir weiterhin Unmengen von Kohle verfeuern, die Energiepreise nicht im Griff haben und kaum einer jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der ein Elektroauto fährt.
Weiter in der Bilanz: EU und Euroland, auf deren Thron man sie widerstandslos hat Platz nehmen lassen, liegen in Trümmern. England winkt bye-bye und weitere Länder stehen Schlange vor dem „Next Exit“-Schild. Die Austeritätsbeseelte wirft den Mediterranen Verschuldung vor, rühmt sich aber der Exportweltmeisterschaft, als bestünde hier kein Kausalzusammenhang. Griechenland hat sie mit Hilfe ihrer Freunde, dem IWF und ihrem Schatzmeister auf Rädern erfolgreich verarmt, entdemokratisiert und jeglicher Würde beraubt. Nationalistische Bewegungen schießen wie Pilze aus dem Boden, weil sich der Einzelne in diesem wildwuchernden, deutschland-dominierten neoliberalen Länderverbund entfremdet, ungehört und ohnmächtig fühlt.
Ihre devot-radikal-atlantisch ausgerichtete außenpolitische Agenda führt zum nächsten Trümmerfeld. Ungezählte Angebote aus Russland zur wirtschaftlichen (von Lissabon bis Wladiwostock!) und militärischen (Raketenabwehr!) Zusammenarbeit wurden ignoriert, während man via östlichem NATO-Zuwachs dem großen Nachbarn gegen alle Absprachen immer penetranter auf die Pelle rückt. Entspannungspolitik interessiert sie nicht; vielleicht sollte ihr jemand erklären, dass sie ohne Willy Brandts und Egon Bahrs „Wandel durch Annäherung“ heute noch in einer ollen DDR-Sauna sitzen und schwitzen würde.
Ihr Beitrag, einen neuen kalten Krieg nicht verhindert zu haben, kann gar nicht überschätzt werden.
Ein jüngeres Beispiel auf der Palette von Pleiten und Pannen: die Flüchtlingskrise. Statt die wahren Fluchtursachen, nämlich unsere Kriege und Waffenlieferungen im Nahen Osten und Nordafrika zu benennen und – als „mächtigste Frau der Welt“ – darauf hinzuwirken, diese zu beenden, sah man zu, wie hunderttausende Menschen ihre Länder Richtung Europa verlassen mussten. Nach einem akuten Anfall von Menschlichkeit ließ sie die Grenzen öffnen. Eine gute Tat, ohne Frage, aber erneut auf Sicht: ein unverantwortlicher Alleingang ohne Plan, ohne Konzept, ohne sichtbare Steuerung und ohne ihre Entscheidung rechtzeitig und plausibel den Bürgern zu kommunizieren. „Wir schaffen das“ klingt eher nach schultertätschelndem positivem Denken als nach irgendeiner Vorstellung, wie diese krisenhafte Situation bewältigt werden könnte. Das wird schon. Irgendwie. Resultat: der raketenhafte Aufstieg der Rechtsnationalen.
Folgende Fragen seien erlaubt: Wie kommt man auf die Idee, sich nach dieser verheerenden Bilanz noch einmal den Wählern zu stellen? Gibt es noch irgendetwas Schönes, Gutes oder Nützliches, das man noch zerdeppern könnte, ist noch nicht genug kaputt? Oder braucht sie den nächsten Finanzcrash als Kick auf ihre alten Tage?
Und die Mutti aller Fragen: Brauchen wir Angela Merkel? Just asking.
Höchste Zeit für einen Regierungswechsel – von Pique Dame messerscharf auf den Punkt gebracht!